Rhetorik-Tipps

Atemübungen – wertvolle Hilfe bei Nervosität 

In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit dem Einfluss der Atmung auf unsere Stimmung, unsere Stimme und unsere Körpersprache. Denn neben allgemeinen Reden-Tipps ist die Vorbereitung auf das Halten eines Vortrags ein wichtiger Bestandteil. In erster Linie zeigen wir, wie man in Form von Atemübungen bewusst mit dem Atem arbeiten kann. Erfahren Sie jetzt mehr und machen Sie Ihren Atem zum Freund und Unterstützer im Alltag!

Der Zusammenhang zwischen Atmung, Anspannung und Stress

„Da stockte mir der Atem!“

„Ich habe mich beinahe zu Tode erschreckt!“

Nicht nur aus Angst, wenn wir einen gruseligen Film sehen oder uns erschrecken, auch vor lauter Aufregung kann einem schnell der Atem stocken. Der Körper schüttet das Stress-Hormon Adrenalin aus, denn er ist in Alarmbereitschaft. Die Muskeln spannen sich unwillkürlich an, man ist bereit zur Flucht. Das passiert zum Beispiel, wenn man als ungeübter Redner vor einem großen Publikum sprechen will, ein Vorstellungsgespräch hat oder bei einem wichtigen Meeting eine Idee vorstellt.

Tritt man in dieser Verfassung vor ein Publikum, um eine Rede zu halten, wirkt man angespannt und weniger authentisch und überzeugend, als wenn man entspannt ist. Die Lösung ist einfach: Die körperliche Verfassung hängt mit dem Atem zusammen. Fließt der Atem ruhig durch den Körper, erreicht der wichtige Sauerstoff alle Zellen. Die Atmung korrespondiert mit den Gedanken, den Gefühlen, der Stimme und der Körpersprache.

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Durch gezielte Atemübungen verändert sich die Körpersprache zum Positiven und macht Sie selbstbewusster © Khosro – Shutterstock

Durch die entstehenden Wechselwirkungen kann man sich selbst in der gewünschten Weise beeinflussen.

Bewusstseins-Übung 1: Angenehmes, Unangenehmes und der Atem

Um sich diese Wechselwirkungen zu verdeutlichen, denkt man etwas Angenehmes, zum Beispiel den Duft der Lieblingsblume oder ein schönes Erlebnis aus dem letzten Urlaub, und beobachtet den Atem. Dann denkt man an etwas Unangenehmes, etwa einen ekelhaften Gestank oder eine Person, die man nicht mag oder die einen ängstigst.

Was passiert mit der Atmung, was im Körper? Man spürt einerseits eine Weite und Entspannung, andererseits eine Enge und Anspannung. Wie man sich fühlt, wirkt direkt auf den Atem – und umgekehrt. Darum sind Atemübungen so nützlich, denn durch sie lässt sich Körper in einem gewissen Maß steuern.

Wie schnell wirken Atemübungen?

Atemübungen wirken unmittelbar, man spürt sofort eine Wirkung. Gleichzeitig können sie auch eine dauerhafte Verbesserung der Lebensqualität bewirken. Die Übungen sorgen dafür, dass man allgemein entspannter wird, tiefer und bewusster atmet und weniger Ängste empfindet. Was das Rückgrat für das Skelett ist, ist der Atem im Inneren. Er stützt, begradigt und hält aufrecht – jedoch nur, wenn man auch „richtig atmet“.

Das hört sich hochtrabend und unrealistisch an? Die Wirkung des Atems kann man leicht selbst am eigenen Körper spüren.

Das wissen die wenigsten Menschen über den Atem

Einatmen, ausatmen – man tut es Tag und Nacht, doch man denkt selten darüber nach. Nur wenn man erkältet ist oder eine andere Erkrankung hat, welche die Atmung behindert, wird einem die Bedeutung und Wichtigkeit des Atmens bewusst. Es gibt wohl wenig Empfindungen, die sich ebenso unangenehm und lebensbedrohlich anfühlen wie eine Atemnot.

Die meisten Menschen nutzen nur einen Teil ihres möglichen Atemvolumens von mehr als sechs Litern. Sie machen meist nur flache Atemzüge, die gerade einmal bis in die Brust gelangen. Bei dieser Brustatmung hebt sich der Brustkorb, der Bauch bewegt sich jedoch nicht. Eine dauerhaft flache Atmung, die durch Anspannung und Stress noch flacher wird, kann negative gesundheitliche Auswirkungen haben:

  • Es gelangt weniger Sauerstoff ins Blut.
  • Es können Verspannungen auftreten.
  • Die Konzentration kann nachlassen.
  • Man fühlt sich kraftlos und schwach.
  • Es kann Bluthochdruck auftreten.

Gewöhnt man sich jedoch eine Atemtechnik an, die den Atem durch den ganzen Körper fließen lässt, können körperliche Symptome sogar gelindert werden:

  • Der Stoffwechsel wird angeregt.
  • Der Blutdruck sinkt.
  • Die Zellen arbeiten besser, da sie optimal mit Sauerstoff versorgt sind.

Atem-Übung 1 für den Alltag: Bauchatmung und Brustatmung

Viele Menschen atmen flach und nur in die Brust. Die natürliche Atmung geht jedoch viel tiefer in den Körper hinein und besteht aus einer Kombination aus Brustatmung und Bauchatmung. Bei der reinen Brustatmung bewegt sich der Oberkörper. Dabei hebt sich die Brust, oft sogar die Schultern. Bei der Bauchatmung wölbt sich der Bauch deutlich nach außen. Trägt man oft zu enge Kleidung, dann wird die Bauchatmung behindert.

Meist ist die flache Atmung so zur Gewohnheit geworden, dass man sie nicht einmal mehr bemerkt. Mit einer einfachen Übung, die man regelmäßig durchführt, kann man sich die Bauchatmung angewöhnen:

  1. Eine Hand legt man auf den Bauch.
  2. Dann atmet man tief durch die Nase ein.
  3. Man spürt bewusst, wie sich der Bauch nach außen wölbt.
  4. Beim Ausatmen zieht sich der Bauch wieder zusammen.
  5. Je weiter der Bauch beim Atmen wird, umso besser. Man kann nicht zu tief einatmen.
  6. Auch der Oberkörper sollte beim Einatmen gedehnt werden.
  7. Diese Übung kann man mehrmals täglich wiederholen.

Die Bauchatmung ist auch als Zwerchfell Atmung bekannt. Das Zwerchfell liegt unterhalb der Lunge zwischen der Brust und der Bauchhöhle. Atmet man in den Bauch, wird der Platz unter dem Zwerchfell kleiner, weshalb die Bauchwand durch die einströmende Luft nach vorn gedrängt wird.

Atemprobleme, Atemnot

Wer nicht richtig atmen kann, kann auch nicht frei sprechen. Viele Menschen leiden unter einer Verengung der Atemwege, unter Asthma oder anderen Erkrankungen der Lunge. Geraten sie in Stress oder strengen sich körperlich an, geht ihnen noch schneller der Sauerstoff aus, als es ohnehin der Fall wäre. Kein Grund, die Ruhe zu verlieren, nervös zu werden oder Angst zu bekommen. Es gibt Übungen, die einer Verengung entgegenwirken. Folgt man den Anleitungen regelmäßig, bekommt man das Lampenfieber schneller in den Griff. Diese Atemtherapie ist auch eine gute Vorbereitung für eine Rede oder einen Vortrag.

Atem-Übung 2: Lippenbremse und Kutschersitz

Die Lippenbremse zählt zu den bekanntesten Atemübungen gegen Atemnot und kann sowohl bei einem Asthmaanfall oder zur Vorbeugung eingesetzt werden. Dabei wird beim Ausatmen ein leichter Widerstand erzeugt, die ausströmende Luft wird also von den Lippen leicht abgebremst. Das erweitert die Atemwege und erleichtert die Atmung.

So funktioniert die Lippenbremse:

  1. Man atmet tief und bewusst durch die Nase ein.
  2. Beim Ausatmen legt man die Lippen aufeinander und lässt die Atemluft langsam zwischen den Lippen ausströmen.
  3. Durch den leichten Widerstand blähen sie sich Wangen etwas auf. Daran merkt man, dass man die Übung korrekt ausgeführt hat.
  4. Die Weitung der Atemwege durch die Lippenbremse sorgt dafür, dass schon die nächsten Atemzüge leichter gelingen. Diese Übung hilft schnell und effektiv.

Auch der Kutschersitz erleichtert die Atmung, denn der Brustkorb wird von seiner Belastung befreit. So geht man vor:

  1. Man setzt sich ganz vorne auf einen Stuhl.
  2. Der Oberkörper wird nach vorn gebeugt.
  3. Die Arme werden entweder auf einem Tisch oder auf den Oberschenkeln abgelegt. Man sitzt in etwa wie ein Kutscher auf dem Kutschbock.
  4. Das Ergebnis ist, dass das Gewicht nicht mehr auf dem Oberkörper ruht, sondern auf den Armen. Das entlastet die Atemmuskulatur und dient der Beruhigung.
  5. Man kann auch Kopf und Arme auf dem Tisch ablegen, während man auf einem Stuhl sitzt. Der Effekt auf die Atmung ist ganz ähnlich.

Atem und Sprache: ein Team

Die Worte fließen mit dem Atem aus dem Mund heraus. Je kräftiger und gleichmäßiger die Atmung ist, umso deutlicher ist man zu verstehen. Spezielle Sprechtechniken funktionieren nur, wenn man die Atmung berücksichtigt. Auch die Körpersprache wird durch regelmäßiges und tiefes Einatmen, das bewusst erfolgt, positiv beeinflusst. Nur ein aufgerichteter Körper erlaubt das Ausnutzen des vollen Atemvolumens. Gerade wenn man eine Rede hält ist es bedeutsam, mit der passenden Atemtechnik dem Stress ein Schnippchen zu schlagen und innere Gelassenheit aufzubauen. Ansonsten klingt die Stimme schnell ebenso flach wie der Atem und wirkt gepresst. So ist es kaum möglich, das Interesse des Publikums zu wecken und es zu fesseln. Fließt der Atmen jedoch frei, sind sowohl Stimme als auch Körpersprache gewinnend und erzielen die beabsichtigte Wirkung.

Gleichzeitig werden auch alle Muskeln, inneren Organe und Zellen besser mit Sauerstoff versorgt. Der Stoffwechsel wird angeregt, die nervlichen Funktionen werden unterstützt und Ängste werden gedämpft. Atemübungen können dabei unterstützen, den Alphazustand zu erreichen, der uns in den „Flow“ bringt, jenen Zustand der Entspannung, in dem die Dinge leicht gelingen und Lösungen wie von selbst um Bewusstsein erscheinen.

Atem-Übung 3: Das Gras im Wind

Diese Atemübung eignet sich hervorragend, um wenige Minuten vor einer Rede ausgeführt zu werden. Sie dient der Entspannung und Fokussierung.

  1. Man sucht sich eine ruhige Ecke, um die Übung auszuführen. Da der ganze Körper beteiligt ist, möchte man sich ungern beobachtet fühlen. Auch ein Waschraum ist geeignet.
  2. Man stellt sich entspannt hin, die Füße sind etwa hüftbreit auseinander und sorgen für einen sicheren Stand. Die Arme hängen locker am Körper hinab.
  3. Nun stellt man sich vor, man sei ein Grashalm, der vom Wind sanft hin- und herbewegt wird. Man atmet tief ein und aus und wiegt den Oberkörper hin und her. Die Nackenmuskulatur soll dabei auch locker sein. Das Gras befindet sich zwischen unzähligen anderen Grashalmen und wird von ihnen schützend umhüllt.
  4. Nach etwa vier bis fünf Atemzügen atmet man stoßartig aus und lässt den Oberkörper nach vorn fallen. Der Körper klappt wie ein Klappmesser zusammen. Die Arme baumeln nach unten.
  5. Man richtet sich wieder auf und wiegt sich abermals für ein paar Atemzüge, bis man sich wieder entspannt nach vorn fallen lässt. Das kann man einige Male wiederholen.

Das Wiegen dient der Beruhigung, das stoßartige Ausatmen löst Stress und Angst. Danach atmet man tiefer wieder ein, der Sauerstoff durchdringt den Körper und belebt die Zellen, Tritt man nach dieser Übung vor sein Publikum, ist die Anspannung wie weggeblasen.

Um schnell unangenehme Gefühle loszuwerden, kann man sich auf das plötzliche Ausatmen konzentrieren.

Atem-Übung 4: Atemstoß bei Anspannung

  1. Man legt eine Hand auf den Bauch, eine auf die Brust. So kann man den Atem unter den Händen fühlen.
  2. Dann atmet man ruhig durch die Nase ein, bis sich auch der Bauch durch den einströmenden Atem nach außen wölbt.
  3. Als Nächstes folgt das stoßartige Ausatmen durch den Mund. Man entlässt den Atem dosiert in fünf kleinen Stößen.
  4. Diese Übung hilft etwa bei einem Blackout, wenn einem der Inhalt der eigenen Rede nicht mehr einfallen will.

Die Atmung und ihre Bedeutung im Yoga

In der altehrwürdigen Technik des Yoga, einer Kombination aus Entspannungs- Dehnungs- und spirituellen Übungen, spielt der Atem eine große Rolle. In der westlichen Welt besonders bekannt sind verschiedene Atemübungen namens Pranayama. Pranayama ist ein Bestandteil einer bestimmten Richtung bzw. Philosophie des Yoga und dient dazu, „Körper und Geist durch den Atem zusammenzuführen“. Die Atemtechnik des Pranayama kann also dabei helfen, mehr Achtsamkeit in das eigene Leben zu bringen und deutlich bewusster zu leben.

Im alten Indien hat man sich schon vor 3000 Jahren mit der Bedeutung des Atems und seiner Auswirkung auf die körperliche und seelische Befindlichkeit beschäftigt. Dieses Wissen wird auch heute noch lebendig gehalten und von den Yoga-Lehrern weitergegeben.

Durch verschiedene Übungen, zum Beispiel der „Blasebalgatmung“, dem „Summen der Bienen“ oder der „Abkühlenden Atmung“ soll ein besseres Bewusstsein über die inneren Vorgänge im Körper des Menschen erzielt werden. Das dient wiederum dazu, achtsamer zu sein, Blockaden und Verspannungen aufzuspüren und die Lebensenergie besser durch den Körper fließen zu lassen. Regelmäßig geübtes Pranayama vergrößert das Atemvolumen und sorgt für einen ruhigen und gleichmäßigen Atem. Dadurch wird auch der Blutdruck gesenkt, es kehrt Ruhe in den Körper und den Geist ein.

Atem-Übung 5: Wechselatmung aus dem Yoga

Die Wechselatmung ist eine Form des Pranayama. Sie beruht auf der Annahme, des auf der rechten und linken Seite des Körpers verschiedene Energiebahnen verlaufen. Diese Kanäle werden als Nadis bezeichnet, die durch eine bestimmte Art des Atmens gereinigt werden sollen.

  1. Zunächst übt man eine bestimmte Handhaltung ein.
  2. Ein Nasenloch wird zugehalten, durch das andere wird eingeatmet, dass wieder ausgeatmet. Das Ganze erfolgt immer im Wechsel.

Mit dem nachfolgenden Video und einer geführten Wechselatmung kann man es schnell lernen und dann jederzeit anwenden.

Leichter einschlafen mit Atemübungen

Bisher ging es darum, wie man durch Atemübungen leistungsfähiger und überzeugender wird, besser Reden halten und ein Publikum von sich überzeugen kann. Wir haben gelernt, dass bewusstes Atmen der Entspannung dient und innere Unruhe beseitigen kann. Dadurch tritt man selbstbewusster auf. Sauerstoff durchströmt den Körper, erreicht alle Zellen und regt den Stoffwechsel und die Tätigkeiten des Gehirns an.

Doch Atemübungen können auch dabei helfen, den Tag hinter sich zu lassen und leichter einschlafen zu können.

Schwierigkeiten beim Einschlafen, schlecht einschlafen, Atemübungen für besseres Einschlafen

Haben Sie Probleme beim Einschlafen, dann atmen Sie dieses Problem einfach weg © Dmytro Zinkevych – Shutterstock

Schwierigkeiten beim Einschlafen haben verschiedene Ursachen. Eine kann sein, dass die Gedanken unablässig um bestimmte Themen bzw. Probleme kreisen. Es kann sehr quälend sein, von solchen Gedanken davon abgehalten zu werden, einschlafen zu können. Der Atem kann behilflich sein.

Atem-Übung 6: Bewusst atmen, besser einschlafen

Bei dieser Übung wird das Bewusstsein auf die Atmung gelenkt und dadurch von den lästigen Gedanken abgezogen. Es funktioniert verblüffend einfach:

  1. Zunächst nimmt man eine bequeme Position ein. Man atmet ruhig, so wie es sich angenehm anfühlt.
  2. Beim Einatmen zählt man bis sieben und nimmt bewusst wahr, wie sich der Bauch wölbt.
  3. Beim Ausatmen zählt man ebenfalls bis sieben.
  4. Der Herzschlag wird ruhiger, die Nerven beruhigen sich. Ehe man es sich versieht, ist man eingeschlafen.

Fazit zu Atemübungen:

Machen Sie sich Ihre Atmung bewusst und steuern Sie die Vorgänge in Körper und Geist ganz bewusst! Probieren Sie die vorgestellten Übungen einmal aus und finden sie eine oder mehrere, die Ihnen besonders gut gefallen und eine positive Wirkung erzeugen. So sind Sie nicht nur für den Alltag gerüstet, sondern auch auf eine Rede oder andere aufregende Situation perfekt vorbereitet. Nun können Sie sich voll und ganz auf den Inhalt der Rede fokussieren und sich durch einige Rhetorik-Tipps auch stilistisch vorbereiten.

Redaktion Redenwelt

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