Rhetorik-Tipps

Schüchternheit überwinden – selbstsicherer auftreten

Jeder kennt das: Es gibt Situationen, in denen man einfach kein Wort herausbringt. Die Schüchternheit siegt. Selbst die Schlagfertigsten unter uns kommen ab und an in diese Verlegenheit. Für sie fühlt es sich doppelt merkwürdig an, sind sie von sich selbst doch anderes gewohnt.

Wann, wie oft oder wie intensiv die Schüchternheit zuschlägt, ist individuell sehr verschieden. Die einen geraten nur alle Jubeljahre in entsprechende Situationen, den anderen fällt selbst die Bestellung beim Bäcker schon schwer. Die meisten von uns bewegen sich irgendwo zwischen diesen beiden Extrempolen. Durch die perfekte Vorbereitung und spezielle Reden-Tipps bekämpfst du deine Schüchternheit und unterdrückst dein Lampenfieber. Hier erfährst du, wie du deine Angst überwinden kannst.

Plötzliche Schüchternheit: Ausnahmesituation oder Alltag?

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Stottern, rot werden, nicht die passenden Worte finden – Schüchternheit hat viele Gesichter © fizkes – Shutterstock

Die Situationen, in denen uns plötzlich die Schüchternheit überkommt und man auf einmal wortkarg und schweigsam wird, womöglich gar rot anläuft oder zu stottern beginnt, sind vielfältig. Ob man auf der Straße urplötzlich seinem Lieblingsschauspieler oder einer heimlichen Schwärmerei gegenübersteht – in beiden Fällen wäre ein spontaner Anflug von Schüchternheit und Nervosität nicht ungewöhnlich.

Aber auch wesentlich alltäglichere Situationen können sich als Herausforderung darstellen, gerade wenn man ohnehin zu den schüchternen Zeitgenossen zählt. Manch einer empfindet bereits die tägliche Kommunikation mit fremden Menschen als unangenehm, etwa an der Supermarktkasse. Wer eine Rede vor größerem Publikum halten soll, kann ebenfalls mit Schüchternheit zu kämpfen haben – dabei spielt es erst einmal keine Rolle, ob es sich bei den Zuhörern um die Verwandtschaft bei einer Familienfeier, die Kollegen beim Projektmeeting oder auch völlig fremde Menschen handelt.

Doch so sehr uns allen das Gefühl der Schüchternheit vertraut ist – den einen mehr, den anderen weniger –, so sehr eint die meisten von uns der Wunsch, die Schüchternheit und damit sich selbst zu überwinden.

Schüchternheit überwinden – die ersten Schritte

Das ist bereits der erste Schritt: Anzuerkennen, dass Schüchternheit kein zwangsläufiger, externer Mechanismus ist, gegen den man selbst machtlos wäre – sondern dass es in erster Linie an uns selbst liegt, wann wir anderen Menschen gegenüber schüchtern reagieren.

Wichtig ist daher zunächst einmal eine gewisse Selbstreflexion. Es kann durchaus helfen, gedanklich einen Schritt zurückzutreten und sich die entsprechende Situation aus der Perspektive eines Dritten vorzustellen, also Abstand zu gewinnen zum eigenen, subjektiven Gefühl und das Ganze gewissermaßen „aus sicherer Distanz“ zu beobachten und zu beurteilen.

Welche Situationen sind es, in denen Sie die Schüchternheit überkommt? Wie oft begegnen Sie solchen Momenten? Ist die Schüchternheit für Sie ein alltäglicher Begleiter oder eher ein seltener Gast? Würden Ihre Freunde Sie als eher schüchternen, ruhigen oder introvertierten Menschen beschreiben oder gelten Sie allgemein als eher selbstsicher und extrovertiert?

Ein wesentlicher Schritt bei der Veränderung eigener Verhaltensweisen besteht darin, sich all diese Aspekte erst einmal bewusst zu machen. Was haben die Situationen gemeinsam, die bei Ihnen persönlich Schüchternheit auslösen? Wie fühlen Sie sich dabei? Haben Sie schon einmal die Erfahrung gemacht, dass Sie es geschafft haben, sich in einem solchen Moment zu überwinden?

Schüchternheit ist keine Eigenschaft – sondern ein Gefühl

Schüchternheit hat viel mit Unsicherheit zu tun. Es handelt sich dabei nicht um eine generelle Eigenschaft, sondern vielmehr um ein Gefühl, oder genauer gesagt eine Verkettung von Mechanismen. Wer sich unsicher fühlt, reagiert oft schüchtern. Nur wenigen gelingt es von vornherein, die eigene Unsicherheit durch offensive Schlagfertigkeit zu überspielen. Es muss auch nicht das Ziel sein, vom ruhigen Zeitgenossen zum extrovertierten Hallodri zu mutieren. Aber mit etwas mehr Selbstsicherheit den Alltag und seine Herausforderungen zu bestreiten, erscheint gerade für die Menschen sehr erstrebenswert, die sich häufiger dabei ertappen, wie die Schüchternheit sie überkommt.

Woher die Verunsicherung rührt, kann dabei ganz unterschiedliche Ursachen haben. Bei manchen sind es Erfahrungen von Zurückweisung, etwa in der Schule oder im Berufsleben. Wer sich beim ersten Schwarm einen Korb eingefangen hat, scheut vielleicht eher davor zurück, es beim zweiten Mal erneut zu versuchen. Jemand, dessen Ideen und Vorschläge vom Chef abgebügelt wurden, traut sich vielleicht nicht mehr, sich aktiv einzubringen.

Wie die Kindheit uns prägt

Neben konkreten Erfahrungen, an die man sich zurückerinnert oder die unbewusst getriggert werden und Schüchternheit auslösen, kann der Grund aber auch in der Kindheit liegen. Bereits in (sehr) jungen Jahren werden die Grundsteine für den späteren Lebensweg gelegt. Es braucht ein gewisses Maß an Urvertrauen, um später Selbstvertrauen entwickeln zu können.

Während erwachsene Männer und Frauen stärker an sich arbeiten, sich bewusst überwinden und ihre Komfortzone verlassen müssen, um die eigene Schüchternheit zurückzudrängen, können Eltern ihren Kindern diesen Weg deutlich erleichtern. Dies kann vor allem dadurch gelingen, das Kind in seinen Stärken zu unterstützen und ihm die Entwicklung eines gesunden Maßes an Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen zu ermöglichen.

Dabei ist es wichtig, dem Kind und seinen Bedürfnissen Aufmerksamkeit zu schenken, es zu bestärken, aber auch Grenzen aufzuzeigen. So kann das Kind eine Orientierung gewinnen und eigene Werte entwickeln, auf die es später im Leben zurückgreifen muss.

Angst ist dabei ein schlechter Begleiter. Wer sein Kind stärken will, sollte es ermutigen, anstatt ihm Angst zu machen – gleiches gilt im Erwachsenenalter. Doch das ist leichter gesagt als getan. Gedanken, Verhaltensmuster und Ängste, die sich einmal eingeprägt haben, sind schwierig wieder abzulegen. Unmöglich ist es allerdings nicht.

Um Schüchternheit überwinden zu können, ist der Weg das Ziel

Schüchternheit überwinden mit vertrauten Personen

Üben Sie Schlagfertigkeit mit vertrauten Personen © fizkes – Shutterstock

Wie so oft im Leben ist auch in puncto Schüchternheit überwinden der Weg bereits das Ziel, oder zumindest ein Teil davon. Wer selbstreflektiert und bewusst über entsprechende Situationen und Verhaltensweisen nachdenkt, kommt allein dadurch häufig schon weiter. Gespräche mit Freunden oder anderen vertrauten Personen können ebenfalls unterstützend sein: Erkundigen Sie sich ruhig einmal nach Ihrer Außenwirkung. Vielleicht werden Sie von anderen ganz anders wahrgenommen, als Sie denken. Suchen Sie das Gespräch mit den Mitmenschen, die Ihnen nahestehen und denen Sie sich öffnen können.

Schließlich geht es an den schwierigsten Teil der Aufgabe, nämlich die Umsetzung. Um das eigene Verhalten langfristig zu verändern, gibt es meterweise Ratgeberliteratur mit allerlei Tipps und Tricks, die schüchternen Menschen das Leben erleichtern sollen. Es kann jedoch bereits hilfreich sein, sich selbst die eine oder andere Übung zu verordnen und sich nach und nach Situationen zu stellen, in denen es die Schüchternheit zu überwinden gilt.

Schüchtern: Kleine Tipps und Übungen im Alltag

Es muss ja nicht gleich die Frage nach einem Date mit dem oder der Angebeteten sein. Anfangs kann man es mit kleineren Aufgaben im Alltag versuchen, etwa im Supermarkt einen Mitarbeiter ansprechen oder auf der Straße jemanden nach dem Weg fragen. Falls es Ihnen im direkten Umfeld unangenehm ist, weil sie beispielsweise beim Bäcker an der Ecke immer wieder denselben Angestellten begegnen – wählen Sie für Ihre Übungen einen anderen Stadtteil oder ein anonymeres Umfeld, etwa die Apotheke am Hauptbahnhof oder die Tankstelle an der Autobahnraststätte. Dort herrscht ein solcher Durchgangsverkehr, dass man sich an Sie als Person kaum zurückerinnern wird.

Suchen Sie die Situationen, wählen Sie dabei Ihr eigenes Tempo. Wichtig ist nur, dranzubleiben und sich auch von etwaigen Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen. Die meisten Mitmenschen reagieren positiv und wohlwollend, wenn man sie freundlich anspricht.

Wie so oft im Leben gilt auch hier: Übung macht den Meister. Wer sich öfter überwindet, mit Fremden zu sprechen, wird dabei auch öfter Erfolgserlebnisse verbuchen können – und mit der Zeit selbstbewusster werden. Auch Misserfolge lassen sich dadurch leichter einordnen und wegstecken.

Wer die Schüchternheit im Alltag erfolgreich in den Griff bekommen hat, kann sich der nächsten Stufe widmen und größere Herausforderungen suchen – sich beispielsweise freiwillig melden für eine kurze Rede beim anstehenden runden Geburtstag in der Familie oder der Nachbarschaft. Wer Routine gewinnt, gewinnt Selbstbewusstsein in entsprechenden Situationen und agiert allein schon dadurch auf lange Sicht weniger schüchtern, sondern tritt selbstsicherer auf.

Schüchternheit ist Kopfsache

Schüchternheit ist Kopfsache: Sie entsteht im Kopf, durch eine Mischung von Gefühlen und Gedanken, Erwartungen und Befürchtungen, Erfahrungen und Ängsten. Zugleich kann man sie auch nur im Kopf überwinden, indem man Gefühle hinterfragt, Denkmuster neu sortiert, Erwartungen und Befürchtungen reflektiert, neue Erfahrungen sammelt und sich den Ängsten stellt.

Es erfordert Selbstreflexion, Überwindung und Bereitschaft zur Veränderung – aber es lohnt sich. Es geht darum, objektives Wissen und emotionale Effekte neu zu verknüpfen. Natürlich wissen wir, nüchtern betrachtet, dass die Kassiererin im Supermarkt uns persönlich nichts Böses will – warum sollte sie auch? Wenn der Smalltalk dennoch als unangenehm empfunden wird, hilft nur eines: mehr Übung.

Die zwischenmenschliche Kommunikation ist der wesentlichste Grundpfeiler in Beziehungen, aber auch allgemein des sozialen Miteinanders. Nur durch Austausch werden Missverständnisse vermieden und Vorurteile abgebaut. Machen statt denken, miteinander statt übereinander reden und offenbleiben für neue Erfahrungen sind die Schlüssel zum Erfolg.

Ein gewisses Maß an Schüchternheit ist ganz normal. Kaum jemand kann von sich behaupten, entsprechende Situationen noch nie erlebt zu haben. Dennoch empfiehlt es sich, das eigene Verhalten zu beobachten – und aktiv gegenzusteuern, bevor sich Unsicherheiten und Ängste zu einer Phobie auswachsen.

Schüchternheit überwinden durch wechseln Sie die Perspektive

Neben den bereits erwähnten Übungen kann es dabei auch helfen, schlichtweg die Perspektive zu wechseln und eine andere Sicht auf die Dinge zu gewinnen. Der Lieblingsschauspieler, der Ihnen an der Kneipentheke plötzlich gegenübersteht, ist auch nur ein Mensch – stellen Sie sich vor, ob und in welcher Weise Sie selbst an seiner Stelle gern angesprochen werden würden.

Der Vorgesetzte verfolgt eine andere Agenda als Sie, er hat vielleicht nicht nur Ihr Einzelprojekt, sondern die gesamte Abteilung im Blick – versuchen Sie, sich in seine Lage hineinzuversetzen. Mit welchen Argumenten können Sie ihm Ihr Anliegen schmackhaft machen? Wie passen Ihre Vorschläge zu seinen Prioritäten? Welche Argumente können dabei helfen, ihn zu überzeugen? Welche Redestrategien könnten angewandt werden, um ihn zu manipulieren?

Natürlich kann in bestimmten Konstellationen ein gewisses Machtgefälle bestehen, das zurückhaltendes Auftreten begünstigt. Für Bewerbungsgespräche gibt es den altbekannten Tipp für nervöse Anwärter, sich den gegenübersitzenden Personaler nackt vorzustellen. Wörtlich genommen ist das zwar auch nur bedingt hilfreich, die Botschaft dahinter ist aber klar: Der andere sitzt in diesem Moment vielleicht am längeren Hebel, aber er ist auch nur ein Mensch, der mit Wasser kocht.

Eine bekannte deutsche Rockband hat einst die Songzeile formuliert: „Du bist immer dann am besten, wenn’s dir eigentlich egal ist“ – und vielleicht ist genau das die Maxime, die sich von Schüchternheit geplagte Menschen von Zeit zu Zeit ins Gedächtnis rufen sollten. Die Situation nicht überbewerten, der eigenen Angst nicht zu viel Raum geben, sich stärker auf sich selbst verlassen und darauf vertrauen, dass es schon gutgehen wird – und dass das Leben weitergeht, auch wenn manchmal Rückschläge zu verkraften sind.

Redaktion redenwelt.de

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